Nachhaltiger Tourismus im Saarland

Wie kann nachhaltiger Tourismus in ländlichen Räumen gelingen?

  • Dr. Eva-Maria Gummelt
  • Red

Spätestens mit der Hitzewelle in diesem Sommer sind die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit wieder in aller Munde. In den Medien und alltäglichen Gesprächen kursieren Tipps und Tricks für ein umweltbewusstes Handeln im Alltag; es wird über energiesparende Geräte oder gar die eigene Solaranlage auf dem Balkon diskutiert. Auch die Frage, ob man in den Urlaub unbedingt fliegen müsse, lag bei manchen bei der Sommerplanung oben auf. Aber lässt sich Klimaschutz und Tourismus überhaupt verbinden? Ja, das geht!, sagen Touristikerinnen und Touristiker und das Saarland macht es vor. Im Rahmen einer Exkursion über nachhaltigen Tourismus, zu der die Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume geladen hat, war ich vom 29. Juni bis 1. Juli 2022 im Saarland unterwegs und habe einige Eindrücke sammeln können, wie die Themen Nachhaltigkeit und Tourismus verbunden werden können.

Nachhaltige Gastronomie

Vorratskammer vom Landhaus Spanier
Vorratskammer vom Landhaus Spanier

Los geht im Kleinen. Entdeckerinnen und Entdecker des Saarlandes sind bekanntlich oftmals hungrig und so kommt den Gastronominnen und Gastronomen eine große Verantwortung bei der Zubereitung ihrer Speisen zu. Regional und möglichst Bio sollten die Zutaten sein und das lässt sich meist nur mit einem guten Netzwerk zu den Lieferantinnen und Lieferanten bewerkstelligen. Wie gut dies gelingen und besonders auch schmecken kann, zeigten uns die Teams vom Café Kostbar in Saarbrücken, vom Landgasthaus Wintringer Hof und dem Landhaus Spanier in Nonnweiler. Auf dem Wintringer Hof sind die Wege für Fleisch und Gemüse nicht weit und bei der Familie Spanier beeindruckte nicht nur eine geräumige Kammer voller Weckgläser, sondern auch der hauseigene Garten, aus dem auch direkt die Zutaten im Topf landen.

 

Nutzgarten beim Landhaus Spanier

Essen für alle in der Stadt

Bürgergarten Blieskastel
Bürgergarten Blieskastel

Warum Essen nur auf Feldern und außerhalb der Stadt anbauen? Das geht auch anders, beweist die essbare Stadt Blieskastel. Hier wachsen Kräuter in Kästen mitten in der Fußgängerzone, sind Flächen neben Parkplätzen für den Anbau umgestaltet worden und wird der Stadtgarten oberhalb der Stadt wieder bepflanzt. Die Kräuter, Beeren und das Gemüse sind für die Bürgerinnen und Bürger da und können von ihnen geerntet werden. Und die Insekten erfreuen sich an den für sie angelegten Blühwiesen.

 

Pflanzkasten in der Fußgängerzone von Blieskastel
Pflanzkasten in der Fußgängerzone von Blieskastel

Wandern im Naturwald

Gut gestärkt lässt es sich auch gut wandern. Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald kann man dies in einer Waldlandschaft, die nicht fortwirtschaftlich gewirtschaftet, jedoch von Rangern gepflegt wird. Hier bleiben alte Bäume stehen, bis sie von selbst fallen, was jedoch wegen des besonderen Highlights des Nationalparks, einem keltischen Ringwall, besonderer Obhut bedarf. Zwischen herrlichen Aussichten lässt es sich auf dem Ringwall wandern und das Leben der Kelten kann im pädagogisch gut gemachte Kelten-Dorf nachempfunden werden. Und das alles zwischen Pflanzen, die so wachsen, wie sie wollen.

Nationalpark Hunsrück-Hochwald mit keltischem Ringwall
Nationalpark Hunsrück-Hochwald mit keltischem Ringwall

 

Aussicht im Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Aussicht im Nationalpark Hunsrück-Hochwald

 

Kirchenräume neu genutzt

Ein großes Thema bei der Diskussion um Nachhaltigkeit und klimafreundliches Handeln ist stets auch die Frage nach der Nutzung von schon bestehenden Gebäuden. Auch Kirchengemeinden stehen oft vor dem Rätsel, wie Kirchen, Kapellen, Gemeindehäuser oder andere von der Gemeinde unterhaltene Gebäude bestmöglich genutzt werden können. In Wintringen wird die wunderschöne, schlichte Kapelle – ein mittelalterliches Kulturdenkmal – unter anderen für Kulturausstellungen genutzt und somit erhalten.

Wintringer Kapelle von außen
Wintringer Kapelle von außen

Altarraum der Wintringer Kapelle
Altarraum der Wintringer Kapelle

 

Tourismus inklusiv

Nachhaltig denken, heißt auch langfristig denken. Und so ist bei den Projekten zum nachhaltigen Tourismus auch die Integration von Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Handicap im Blick. In der essbaren Stadt Blieskastel wird mit dem Bürgergarten auch Langzeitarbeitslosen wieder einen Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht wird. Im Gasthof auf dem Wintringer Hof arbeiten Menschen mit Behinderung mit und das nicht nur in der Küche, sondern auch als Bedienung. Die Portraits der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zieren den Gastraum und lassen die hohe Wertschätzung ihnen gegenüber spürbar werden. Und bei der Lauschtour auf dem Wintringer Hof, einer appbasierten Tour über den Bio-Hof, gibt es eine Variante in Gebärdensprache. Hier gibt es auch Schilder in einfacher Sprache, für alle, die nicht so viel Text hören oder lesen wollen.

Schilder zur Lauschtour auf dem Wintringer Hof
Schilder zur Lauschtour auf dem Wintringer Hof

 

Informationstafel in einfacher Sprache auf dem Wintringer Hof
Informationstafel in einfacher Sprache auf dem Wintringer Hof

Blick auf die Jugend

Dass Nachhaltigkeit und Bildungsarbeit eng zusammengehören zeigen die Führungen für Schulklassen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Hier kommen Kinder raus in die Natur, die diese ansonsten nicht kennenlernen würden. Auch die Jungranger des Nationalparks lernen den Umgang und die Wertschätzung der Natur. Und Schülerinnen und Schüler waren auch schon im Bürgergarten in Blieskastel aktiv.

Apps, die zum Entdecken mit dem Smartphone anregen, gibt es nicht auf dem Wintringer Hof, sondern auch für den Nationalpark – so wird Wandern und Naturerleben auch für die jüngere Generation attraktiv. Für Kinder sind auf dem Wintringer Hof auch die Schilder mit Informationen in leichter Sprache geeignet.

Kreativ vereinen auch die Angebote des „WaldWerken“ vom „KulTourWerk“ in Wintringen Naturliebe und die Stärkung des Selbstwertgefühls der Teilnehmenden. Hier entstehen in Workshops aus Naturholz kreative Möbelstücke – ein Angebot, auch, aber nicht nur für Kinder und Jugendliche.

 

Klimafreundlich unterwegs

All die schönen Ausflugsziele und nachhaltigen Angebote im Saarland sind nur halb so toll, wenn die Touristinnen und Touristen nicht auf klimafreundlichem Wege zu ihnen finden. Deswegen steht im Biosphärenreservat Bliesgau auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ganz oben auf der Prioritätenliste. Begeistert bin ich von einem Format, bei dem geführte Wanderungen und die Fahrpläne der Buslinien aufeinander abgestimmt werden, sodass sowohl Einheimischen als Touristinnen und Touristen gezeigt wird, welche Orte sich unkompliziert auch mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen lassen.

Alles in allem, bin ich beeindruckt von den vielen tollen Ideen im Saarland, die hoffentlich zur Nachahmung anregen!